18.11.2023: Regionalseminar Nord von „Metapol“ in Brettorf (Dötlingen), „Schützenhof Schürmann“

Die recherche-nord schreibt: „Das war nicht das erste Zusammenkommen dieser Art: MetaPol ist eine seit mindestens 2019 agierende Organisation der klassisch-völkischen Rechten, die ihre Vernetzung im Geheimen betreibt und dabei nicht weniger als eine Revolution von rechts plant. In den letzten zwei Jahren haben wir uns intensiv mit der bisher weitestgehend noch unbekannten neonazistischen Organisation und ihren Verbindungen zur AfD beschäftigt. Dabei haben wir verschiedene klandestin organisierte Zusammenkünfte dokumentieren können. Wir veröffentlichen hier einen Artikel, der auf Recherchen in Kooperation mit der taz (https://taz.de/!6034283/) basiert.

[…]Was unter dem Namen MetaPol höchst intellektuell anmuten möchte, ist vor allem ein Netzwerk für völkisch-neonazistische Bildungsarbeit – mit dem Anspruch, die Machtverhältnisse nachhaltig zu verändern und einen weltanschaulichen Umsturz zu befördern.

Ihren Ansatz formulieren sie radikaler als andere Akteure der „Neuen Rechten“, man kann sie etwa mit dem mittlerweile offiziell aufgelösten, aber weiter existenten „Institut für Staatspolitik“ (IfS) um den Verleger Götz Kubitschek vergleichen, das eher an einer kommunikativen Modernisierung der extremen Rechten interessiert ist. MetaPol wähnt sich dagegen eher praktisch in einem Eroberungskrieg gegen die bestehenden Verhältnisse – und daraus machen sie auch kein Geheimnis. Die Bundesrepublik Deutschland ist das Schlachtfeld, demokratische Strukturen der Gegner, den es erbarmungslos zu bekämpfen gilt. In einer Stellungnahme beschreiben sie ihr Wirken in entsprechend martialischen Worten: MetaPol sei ihrer Lesart nach, ein „Geschoss, das erbarmungslos voranpeitscht“, „vorwärts, bis die nächste Stellung genommen ist“. „Es ist keine Flucht, es ist eine Vorbereitung auf den Sturm“.

Bereits der Name der Organisation MetaPol ist unter diesem Gesichtspunkt zu begreifen. Dieser bezieht sich auf den Begriff der Metapolitik, einen Begriff aus der politischen Theorie, der sich auf Aktivitäten im sogenannten „vorpolitischen Raum“ bezieht. Dies folgt der Annahme, dass jenseits der „realen Politik“, die durch Parteien und Parlamentarier:innen täglich gestaltet wird, ein „vorpolitischer Raum“ existiere. In diesem werden gesellschaftliche Debatten und Diskurse – das Denken einer Gesellschaft – informell vorgeprägt. Parteien greifen dies dann auf und verändern die Gesellschaft daraufhin formell durch Gesetze und Regelungen. Metapolitik von Rechts ist also eine Strategie des „Kulturkampfes von rechts“, um die Gesellschaft vorzuformen und die angestrebte völkische Revolution vorzubereiten. Es geht darum, weltanschauliche Positionen in der Mehrheitsgesellschaft zu verankern. Die realpolitische Umsetzung ist dann nur der nächste Schritt.

Da diese Umgestaltung einer Gesellschaft nicht im Hinterzimmer funktioniert, ist MetaPol, ähnlich wie die IfS-Strukturen, am Aufbau eines sogenannten Vorfelds interessiert – also Netzwerke, Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen außerhalb von Parteiarbeit. Seminare und Strategietagungen sind der Rahmen, in welchem dieses Vorfeld zusammenkommt, weitere Schritte plant und Umsetzungen debattiert. Während das angesprochene Klientel beim IfS bis in das rechts-konservative Spektrum hineinreicht, bedient MetaPol dabei insbesondere das klassisch-neonazistische Klientel – und seit geraumer Zeit auch die AfD und deren Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA).

MetaPol legt im Bezug auf die eigene Weltsicht nur wenig Zurückhaltung an den Tag. Hier wird offen eine völkisch-rassistische Weltsicht propagiert. Eine Verschleierung ihrer Zielsetzung durch Verwendung augenscheinlich harmloser Begriffswahl findet gar nicht erst statt. Während die selbsternannte „Neue Rechte“ ihren Rassismus beispielsweise oft durch den Begriff des „Ethnopluralismus“ zu tarnen versucht, bekennt man sich in den Reihen von MetaPol radikal und offen zu einem biologistischen Rassimus – nicht verwunderlich bei den tief in der neonazistischen Welt verankerten Köpfen der Organisation.

Eine Verschleierung lässt sich an anderen Stellen jedoch sehr wohl beobachten: Der klandestine Charakter der MetaPol-Veranstaltungen zeigt sich durch die stetigen Bemühungen der Anreisenden, ihre Identität durch Vermummung oder auch das Verstecken ihrer KfZ-Kennzeichen zu verbergen. Viele derjenigen, die bei MetaPol zusammenkommen, versuchen ihre politische Gesinnung und ihr Wirken bewusst abseits der öffentlichen Wahrnehmung zu entfalten. Etliche Autor:innen bei MetaPol publizieren unter der Verwendung von Pseudonymen, um ihre Identität nicht preiszugeben.

MetaPol verbreitet die eigene menschenverachtende Ideologie nicht nur auf Strategie- und Schulungsveranstaltungen, sondern besitzt als Verlag auch ein breites Print- und Online-Angebot. In der Zeitschrift Agora Europa und der Verlagsreihe Aeropag finden sich Beiträge führender Neonfaschisten wie des Russen Alexander Dugin sowie Alain de Benoist, dem Mitbegründer der französischen „Nouvelle Droite“. Teil des literarischen Angebots ist auch das rassistische Manifest „Der weiße Ethnostaat“ des langjährigen Neonazis Jonathan Stumpf, der bei MetaPol unter dem Pseudonym Johannes Scharf veröffentlicht.

Die Schulungsarbeit von MetaPol hat auch personell ihren Ursprung in der internen Bildungsarbeit der Jungen Nationalisten (JN). Der Großteil der Köpfe von MetaPol war in der Vergangenheit auch in der JN aktiv, unter anderem in der Bundes- und Landesschulungsarbeit. Dazu gehört etwa Pierre Dornbrach, der bei MetaPol ausschließlich unter dem Pseudonym Peter Steinborn auftritt. Dornbrach war lange Zeit aktiv in der JN und übernahm im Bundesvorstand das Amt des Bundesschulungsleiters. Außerdem war er mitverantwortlich für die „Interessensgemeinschaft Fahrt und Lager“, die als Auffangbecken für Mitglieder der 2009 verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) gilt. Heute präsentiert sich Dornbrach als geopolitischer Stratege und Wirtschaftsexperte. Über seine Firma „ProID“ bietet er Leistungen im Bereich Datenschutz und Arbeitssicherheit an.

Ihm zur Seite stehen unter anderem Steffen Nickel und Roy Graßmann. Das ehemalige JN-Mitglied Nickel ist Neonazi-Aktivist aus Berlin und betrieb einen antiquarischen Handel mit Büchern aus der NS-Zeit, darunter auch „Mein Kampf“. Als Verantwortlicher für die Website des Verlags trat in der Vergangenheit der Neonazi Roy Graßmann in Erscheinung, der auch für das Compact-Magazin tätig war und augenscheinlich freundschaftliche Verbindungen zum AfD-Bundestagsmitarbeiter und Aktivisten der Identitären Bewegung Mario Müller unterhält. Im Internet präsentiert sich Graßmann mit einem Kolovrat auf der Brust, einer russischen Variante eines Hakenkreuzes.

Angesichts dieser politischen Hintergründe ist es nicht verwunderlich, dass sich ein relevanter Teil der Teilnehmenden der MetaPol-Seminare aus aktiven Mitgliedern der JN zusammensetzt. So nahm an einem Regionalseminar im November 2023 im niedersächsischen Brettorf neben einfachen Mitgliedern nahezu der gesamte Bundesvorstand der Jungen Nationalisten teil. [2] Das Näheverhältnis zeigt sich auch auf Seiten der JN: Die Jugendorganisation bewirbt ihrerseits aktiv die Seminare von MetaPol, zuletzt für den 15. Juni 2024 im Raum Dresden, und stellen bei Veranstaltungen immer auch einen erheblichen Anteil der Teilnehmenden.

Bereits bei dem Regionalseminar in Brettorf zeigte sich auch die Nähe zur AfD. Dort nahm neben JN- und IB-Aktivist:innen auch der AfD-Politiker Heinrich Löhmann teil. Das ehemalige Mitglied der Bremischen Bürgerschaft rief im November 2022 nach internen Streitigkeiten im Landesverband einen Notvorstand aus, an dessen Spitze er sich selbst setzte.“

Quelle/Grafik: https://recherche-nord.com/gallery/Metapol.html